Zweifachmama: Ein Kind ist ein Kind – und zwei sind doppelt so viele

„Ein Kind ist kein Kind und zwei sind viele“ – wie ich diesen Spruch immer noch verabscheue, auch nach zwölf, dank Corona sehr intensiven, Monaten als Zweifachmama. Gerade habe ich das erste Wochenende seit Lauras Geburt mit nur einem Kind verbracht und, was soll ich sagen: Ja, es ist definitiv viel entspannter mit nur einem Kind. Auch weil ich in dem Fall das anspruchslosere Kind, also das Baby, bei mir habe. Keine Dauerfragerei, kein Spielen, Vorlesen und keine Diskussionen ums Anziehen, Süßigkeiten essen oder Rausgehen. Dass ein Wochenende alleine mit einem Kind so entspannt sein kann, hätte ich nie gedacht. Aber die Perspektive machts.

Nach drei Monaten Isolation, ohne Kita, Spielplatz, Freunde, Großeltern kommt einem so manches entspannt vor.

Für mich ist ein Kind immer noch ein Kind. Und zwei sind halt doppelt so viele. Mit einem Kind investieren wir 100 % unserer Energie in das eine Kind. Wenn dann ein zweites kommt, muss diese Energie halt auch für das ausreichen. Klar ist das anstrengender. Wir können uns nicht mehr so auf nur ein Kind einlassen wie beim ersten, sondern sind dauernd zwischen den beiden und ihren sehr unterschiedlichen Bedürfnissen hin- und hergerissen. Aber irgendwann werden sie zusammen spielen – und dann beginnt das entspannte Elternleben. 😉

Bis dahin hier eine kleine Chronik und Gedanken zu meinem ersten Jahr als Mama meiner zwei wundervollen Töchter.

In der Schwangerschaft: Kann ich ein zweites Kind jemals so lieben wie das erste?

Die Frage treibt wohl alle Eltern um und wie bei allen hat sie sich im Moment von Lauras Geburt einfach in Luft aufgelöst. Natürlich kann ich mein zweites (und drittes, viertes, fünftes) Baby genauso lieben wie mein erstes Kind. Und auch beim zweiten Mal war die Intensität dieser Liebe total überraschend, hatte ich mich doch während der Schwangerschaft hauptsächlich mit Anna und ihren Gefühlen in Bezug auf die kleine Schwester beschäftigt. Dazu ein super Buchtipp, mit dem ich mich gut abgeholt und vorbereitet gefühlt habe: „Geschwister als Team“ von Nicola Schmidt. Natürlich hatte ich auch das große Glück, dass Anna ihre kleine Schwester gleich ins Herz geschlossen hat und es keinerlei Eifersuchtsdramen gab. Vorbereitend hat es mir aber sehr geholfen, darauf zu achten, die „Große“ nicht zu überfordern und sie auf das Geschwisterchen vorzubereiten. Außerdem half die Information, dass die Bindung zwischen Eltern und Kind in den ersten 18 Lebensmonaten grundlegend geprägt wird. Anna war somit bereits sicher gebunden und würde es verkraften, wenn sie zukünftig ein paar Minuten warten muss, wenn das Baby schreit. Wohingegen man auf die Bedürfnisse des Neugeborenen wiederum umgehend reagieren sollte, da hier die Bindung erst aufgebaut werden muss. Sehr interessante Einblicke in die Bindungsforschung und den Umgang mit dem größeren Kind wenn ein Geschwisterchen kommt bietet zum Beispiel der Instagram-Account von Dr. Eliane Retz.

Im Wochenbett: Liebeskummer und Abschiedsschmerz von der intensiven Zeit mit dem ersten Kind

Die Liebe für das zweite Kind ist also wie bei der ersten Geburt wieder alles einnehmend, mitreißend, überrollend, bedingungslos. Plötzlich war ich wieder 100 % Babymama und konnte Stunden damit verbringen mein kleines Mädchen einfach nur anzustarren. Doch dieses Mal gesellte sich ein zweites, unbekanntes und unangenehmes Gefühl zu dieser Glückseligkeit: das Gefühl des Fremdgehens. Ich fühlte mich tatsächlich so als würde ich meine große Tochter betrügen, verraten. Da ich im Frühwochenbett natürlich die meiste Zeit mit Laura daheim verbrachte und mein Mann sich um die Große kümmerte, sie zur Kita und ins Bett brachte und mit ihr zum Spielplatz ging, kam auch noch ein Verlustgefühl dazu. Ich musste Anna auf eine gewisse Art und Weise loslassen und hauptsächlich für Laura da sein, die mich nun 24/7 brauchte. In Verbindung mit dem leider (wieder) sehr schwierigen Stillstart und dem Babyblues fühlte sich das alles tatsächlich ein paar Tage lang an wie Liebeskummer. Das Gute war: natürlich fehlte es keinem meiner Mädchen an irgendwas. Ganz im Gegenteil, die Beziehung zwischen der Großen und ihrem Papa wurde noch inniger und ich konnte mich voll und ganz auf die Kleine, das Stillen und das Wochenbett einlassen. Essen, stillen, schlafen – wie von meiner Hebamme angeordnet.

Nach vier Monaten: Die Zerrissenheit, gleichzeitig eine Baby- und eine Kleinkindmama zu sein

Als sich unser neues Leben zu viert dann nach etwa vier Monaten eingespielt und Laura einen Schlafrhythmus entwickelt hatte, war die anstrengendste Zeit erstmal vorbei. Die Tatsache, dass so ein Neugeborenes einen ja tatsächlich wieder 24 Stunden am Tag braucht, hatte mich dann doch irgendwie erneut überrascht. Jetzt hatten wir dann zumindest wieder die Abende für uns – auch wenn ich spätestens um 21:30 Uhr auf der Couch eingeschlafen bin. Denn die Tage und der neue Alltag als Zweifachmama wurden anstrengender je aktiver Laura wurde. Und dazu noch die Nächte. Ich hatte also plötzlich zwei Kinder mit komplett unterschiedlichen, um nicht zu sagen komplett gegensätzlichen Bedürfnissen zu versorgen. Das Baby brauchte vor allem Ruhe, Nähe, Stillen, Schlafen, während das Kleinkind nach Spielplatz-Action, Vorlesen und gemeinsamem (und aufmerksamem!) Spielen verlangte. Die Zerrissenheit und das Gefühl, keiner der Beiden gerecht zu werden, wurden immer größer: wenn ich mal in Ruhe mit der Großen ein Buch anschauen wollte, kam unweigerlich die Kleine dazwischen und „störte“. Wollte ich die Kleine gemütlich in den Schlaf stillen, ist die Große mir laut schreiend durch die ganze Wohnung gefolgt. Es war genauso, wie mir eine Freundin geschildert hatte „natürlich liebst du beide Kinder gleich, aber es gibt Momente, in denen würdest du einfach lieber etwas ungestört mit dem einen machen und das andere funkt dazwischen“.

Nach sechs Monaten: Corona, die Erschöpfung und das andauernde schlechte Gewissen

Dann kam der Frühling – und Corona. Damit die Isolation, Kita- und Spielplatz-Schließung, ein neuer Alltag mit einer neuen Dimension der Erschöpfung und des schlechten Gewissens. Laura war gerade sechs Monate alt geworden, im niedlichsten Strahlebaby-Alter und die Welt stand Kopf. Ich erstellte Tagesablauf- und Kochpläne, kaufte neue Bastelsachen und Fenstermalstifte und versuchte Anna irgendwie die Kita und vor allem ihre Freunde zu ersetzen. Die Kleine trug ich dabei hauptsächlich von einer Ecke in die nächste, wo sie sich glücklicherweise oft selbst beschäftigte, denn Anna und die ganze Alltagsorganisation nahmen mich komplett ein. Laura war einfach nur dabei. Und mein schlechtes Gewissen unendlich groß: bin ich mit Anna in dem Alter doch von Babymassage zu Musikkurs, von Krabbelgruppen zu Spielplätzen gerannt und habe daheim stundenlang mit ihr gespielt. Eines Tages las ich dann irgendwo, dass die Zweitgeborenen zwar immer die Eltern teilen müssen, dafür aber auch von Anfang an eine dritte wichtige Bezugsperson haben, die sie liebt und bespaßt. Für mich eine sehr schöne und tröstliche Aussage, bis heute.

Nach zwölf Monaten: Zwei Kinder zu haben ist wunderbar, anstrengend, und: es wird besser!

„Das erste Jahr mit zwei Kindern ist hart, aber es wird besser“ – darin sind sich bisher alle Mütter in meinem Umkreis einig. Und jetzt, wo sich mein erstes Jahr als Zweifachmama dem Ende neigt, empfinde ich genauso. Natürlich gibt es immer noch einen gewissen Grad an Zerrissenheit, die Bedürfnisse der Kinder sind immer noch sehr unterschiedlich. Zudem will die Kleine sein wie die Große und mit deren Sachen spielen, während die Große ein Baby sein will und plötzlich einfach nix mehr alleine machen kann. Verflixt. Aber auch lustig. Und es gibt Lichtblicke. Sie nähern sich an, spielen ab und zu gemeinsam, lachen viel miteinander und entwickeln eine echte Geschwisterbeziehung. Es kam schon vor, dass ich mich in der Küche versteckt habe, um den wunderbaren Moment, in dem meine beiden Mädels friedlich zusammen ein Buch anschauen, ja nicht zu stören. Und da wiederum kann ich auch allen anderen nur zustimmen: Elternsein ist einfach anstrengend, und zwei Kinder sind anstrengender als eins – aber: es gibt kaum etwas Schöneres als seine Kinder (aus sicherer Entfernung!) zu beobachten und dieser besonderen Beziehung, die es nur zwischen Geschwistern gibt, beim Wachsen zuzusehen.

Alles Liebe!

Christine

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