Die Geburt

In diesem Monat werden gleich drei Freundinnen von mir zum ersten Mal Mama – und ich merke wie sehr mich die Gespräche rund um Geburtsvorbereitung, Geburt und die erste Zeit mit Baby wieder an Annas Geburt zurückdenken lassen. Zeit für mich zu versuchen, dieses Erlebnis in Worte zu fassen.

Meine Erwartungen haben sich in Grenzen gehalten. Ich war auf die schlimmsten Stunden mit den größten Schmerzen meines Lebens gefasst. Und eines stimmt, ich hatte noch nie Schmerzen, die mit Wehen vergleichbar wären. Aber wie alle sagen, wird man durch das Geburtserlebnis mit unvergleichlichen Glücksgefühlen und Stolz mehr als entlohnt. Eine Freundin von mir sagte eine Woche vor Annas Geburt zu mir: „Ich weiß, dass du Angst davor hast, vor allem wenn es auf eine Einleitung hinauslaufen sollte, aber ich sage dir, es lohnt sich zu kämpfen, weil das Gefühl, dass du dein Baby zur Welt gebracht hast, einfach gigantisch ist.“ Genau das würde ich auch jetzt jeder Freundin sagen. Außerdem war die Vorstellung einer Einleitung aufgrund von ausschließlich negativen Erfahrungen im Freundeskreis für mich der Super-GAU und ich habe die ganze Schwangerschaft über gesagt, dass ich eher einen Wunschkaiserschnitt als eine Einleitung in Erwägung ziehe. Auch hier wurde ich glücklicherweise eines besseren belehrt.

20180606_132309Wie es dann tatsächlich kam … wie immer natürlich anders als man denkt. Nix mit spontan im Supermarkt einsetzenden Wehen oder Blasensprung mitten in der Nacht. Bei einer Voruntersuchung in der Klinik erzählte ich der Ärztin, dass ich seit einigen Tagen vor allem abends und nachts unter starkem Juckreiz an Händen und Füßen leide, woraufhin sie eine Blutuntersuchung angeordnet hat. Abends rief die Klinik an und bestellte mich für den nächsten Tag – zufällig der errechnete Termin – dorthin, um mir ein Rezept mitzugeben, weil die Werte nicht optimal waren. Dort erfuhr ich dann, dass ich ambulant aufgenommen und die Geburt eingeleitet werden sollte, Diagnose: Schwangerschaftsgestose. Das war ein Schock für mich und wir haben tatsächlich über die Option Wunschkaiserschnitt gesprochen. Im Nachhinein bin ich der Ärztin mehr als dankbar, dass sie mich ohne Druck und mit gutem Zureden davonüberzeugt hat, es mit einer sanften Einleitung zu versuchen und mir versicherte, dass wir jederzeit abbrechen und einen Kaiserschnitt machen können, wenn ich das wünsche. Also ließ ich mich darauf ein. Im Abstand von vier Stunden bekam ich die wehenauslösenden Magentabletten. Nach der ersten um 16 und der zweiten um 20 Uhr hieß es dann erstmal abwarten, spazierengehen und extra scharfe Penne all’arrabbiata (wehenfördernd!) essen. 🙂 Die Stimmung war gleichzeitig nervös, gespannt und freudig – aber echt schön.

Die ersten richtigen Wehen kamen dann kurz nach Mitternacht, nachdem ich Michi Happy Birthday vorgesungen und er eingeschlafen war. 🙂 Die nächsten Stunden im Kreißsaal hat mich dann Folgendes getragen: Michis Rückenmassage, das warme Wasser in der Badewanne und vor allem die Vorstellung von der Wehe als Welle, vor der man nicht vor Angst erstarren sondern sein Surfbrett nehmen, ihr entgegenlaufen und sie bändigen soll. Die Wehen durch ständiges, tiefes Ein- und Ausatmen mit leicht geöffnetem Mund wegzuatmen – bei mir hat es tatsächlich funktioniert. Trotzdem forderten die ganze Aufregung und der Schlafmangel gegen 6 Uhr morgens ihren Tribut: ich war erschöpft und da es laut Hebamme noch einige Stunden dauern würde und ich Kraft für den Endspurt brauchte, bekam ich die erlösende PDA.

Ich bewundere alle Frauen, die ihr Baby ohne PDA zur Welt bringen – aber nicht mehr als die, die eine Geburt mithilfe von PDA oder Kaiserschnitt meistern. Persönlich bin ich nicht der Meinung, dass man unter der Geburt irgendetwas beweisen muss, und würde mich immer wieder für die schmerzärmere Variante entscheiden. Es ist einfach eine Sache von persönlichem Schmerzempfinden und Überzeugung. Im Nachhinein denke ich, dass ich ohne die PDA nicht bis zum Ende durchgehalten hätte und Anna somit nicht spontan zur Welt gekommen wäre. Aber wer weiß sowas schon. Etwa 30 Minuten nach der Spritze konnte ich mich wieder normal mit Michi unterhalten, etwas dösen, Kraft tanken und sogar frühstücken.

20170418_124806Der Endspurt ging dann nach einigen ruhigeren Stunden umso schneller. Nachdem Anna sich nicht richtig eingedreht und in sogenannter Sternguckerposition mit dem Gesicht nach oben lag, versuchte die Hebamme vergeblich sie zum Drehen zu bringen: ich bekam Globulis und wurde umgelagert. Als das alles nichts half und Geburtsstillstand drohte, wurde dann der Wehentropf erhöht und als die Presswehen begannen kam eine zweite Hebamme zu Hilfe. Im Nachhinein bin ich wohl sehr knapp am Kaiserschnitt vorbei geschlittert, die Zeit drängte und Anna wurde von mir und der Hebamme auf meinem Bauch zusammen zur Welt gebracht, während Michi mich zwischen den Wehen mit einer Sauerstoffmaske versorgte. Dank der Professionalität und Gelassenheit der Hebammen habe ich diese 20 Minuten aber gar nicht als stressig oder dramatisch empfunden und war eher überrascht, dass Anna dann doch so „schnell“ da war. Ein unglaubliches Glücksgefühl! Und, was ich ehrlicherweise sagen muss, weil es für mich total unerwartet kam: bevor diese überschäumende, einzigartige Liebe für diesen kleinen Menschen mich überkam – die ich mir ja die ganze Schwangerschaft über versucht habe vorzustellen – war da noch ein anderes, sehr sehr starkes Gefühl, nämlich Stolz. Stolz auf mich, meine Leistung, Michi, unsere Entscheidungen und einfach alles. Und genau diesen Stolz wünsche ich einfach jeder Mama, unabhängig vom Verlauf der Geburt den wir ja eh nicht beeinflussen können.

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